Die Evakuierung der Einwohner von Teveren 1944/45 nach Holland.
Verfasst von Wilhelm Henseler.
Im Oktober, es ist euch allbekannt, mußten wir flüchten nach Holland.
Wir folgten auch den guten Rat, denn es war aus mit unserem Schlaf.
Nun mußten wir zusammengehn, nach Hohenbusch auf den Zehen.
Wir blieben nicht lange dort, sie fuhren uns nach Maastricht fort.
Wir wurden dort gut aufgehoben, das muß man dem Amerikaner loben.
Für Jeden hatten sie ein gutes Wort, sogar Geschenke gab es dort.
Wir sollten da nicht lange ruh'n, sie wollten uns nach Belgien tun.
Doch sie hatten sich anders bedacht, o Freud' nach Brunssum ging die Jagd.
Doch die Freude war bald aus, sie brachten uns in ein Schulhaus.
Doch wir waren sehr zufrieden, weil wir nahe an der Heimat blieben.
Nun wurde Stroh herein gebracht, und jeder suchte sich einen Platz.
Von Essen sagten sie aber nichts, darum aßen wir von unserem Tisch.
Am anderen Tag wurden wir eingetragen, mancher noch mit leerem Magen.
Da waren sie denn auch bereit, es bekam jeder ein Brot zugeteilt.
Jetzt wae jeder auf seinem Posten, manche sehnten sich nach Osten.
Einige versuchten auch das Glück, sie wurden aber zurück geschickt.
Auch hatte ich bei mir ein gutes Pferd, das war Fünfzehnhundert Mark wert.
Das haben dio Holländer mir abgenommen, Vielleicht bis wir nach Hause kommen.
Jeden Morgen kam es an das Schulhaus, und fuhr dort Lebensmittel aus.
Als es mich dann dort stehen sah, winkte es mit dem Kopf sogar.
Jetzt wurde Appell abgehalten, nun konnten sie ruhig walten.
Sie nahmen alle Lebensmittel mit, sogar Zigarren, Schinken, wir waren allen quitt.
Wir rufen das rote Kreuz an, ich selbst als 70jähriger Mann.
Bat um einen warmen Wassertrank, es schlug die Tür zu und verschwand.
Das machte uns eine rote Schwester, doch die Wacht machte es nicht besser.
Wir trugen alles Leiden mit Gedult, daran war nur der Hitler schuld.
Nun kam auch noch die Krankheit ins Haus, einigen ging schon der Atem aus.
Stormanns Jupp, ein starker Mann, der vor Schwäche niedersank.
Nun wurde er noch ein bischen wild, die Sache bekam ein anderes Bild.
Wir mußten den Abort sieben und sogar den Besen schieben.
Einer erfüllte nicht seine Pflicht, man fürhrte ihn sofort vor Gericht.
Er mußte an die Wand stehen, da ließ man ihm den Knüppel sehen.
Fünf Schläge bekam er auf die nackte Haut, er hielt es auch geduldig aus.
Solche Tat vergißt man nicht, auch wenn es in Holland ist.
Das machte ein Mann von der Wacht, auf den mußt man geben acht.
Kurz oder lang, es kommt die Zeit, Teveren ist ja gar nicht weit.
Die Verpflegung wurde immer mager, das spürte jeder an seinem Magen.
Warmes Essen gab es nicht mehr, und unsere Taschen waren leer.
Da kam der Pater von Grotenrath, wir danken ihm für seine Tat.
Uns Teverer bekam er frei, wir konnten gehen mit ihm heim.
Einem anderen war das nicht recht, darum hatten wir wieder Pech.
Einen neuen Antrag stellte er aus, darum kam keiner von uns nach Haus.
Nun mußten wir in unsere Kammer gehen und um weitere Hilfe flehn.
Mancher verwünschte schon den Mann, der soviel Unheil stiften kaun.
Sowas kann man nicht vergessen, noch dazu das schlechte Essen.
Ich glaube bestimmt es kommt die Zeit, da er es bereut in Ewigkeit.
Endlich wurde uns nun bekannt, da Teveren auf der Liste stand.
Jetzt kennten wir uns fertig machen, und schnüren unsere Sachen.
Unser Leidensweg ist jetzt aus, jeder sehnte sich nach Haus.
Wir dachten noch im Weitergehn, lebt wohl auf Nimmerwiedersehn.
Doch nun wurde uns bekannt, daß man in Gangelt Unterkommen fand.
Sie führten uns in ein Kinderheim, dort konnten wir gehen aus und ein.
Brot und Fleisch wurden aufgetragen, das war eine Wohltat für unseren Magen.
Sowas kann man nicht vergessen, in Gangelt gab es gutes Essen.
Jetzt konnten wir ins Städtchen geh'n, und uns nach einen Quartier umseh'n.
Keiner schlug die Bitte aus, jeder nahm und freundlich auf.
Frau und ich, wir hatten Glück, das sah man auf den ersten Blick.
Bei Familie Kempen kehrten wir ein, es konnte nirgends besser sein.
Wir waren auch sehr zufrieden, solche Familie muss man loben.
Wie soll man das vergelten, da kann man nur mit Arbeit helfen.
Doch mit der Arbeit war es bald aus, der Feind trieb uns aus dem Feld heraus.
Die Granaten schlugen heftig ein, man konnte nirgends sicher sein.
Ich selbst war draußen mit Fuhr und Pferd, um Essen zu holen für unseren Herd.
Das Pferd ging durch, oh Schreck, die Fuhre ging mir über die Beine weg.
Nun lag ich besinnungslos in der Not, ich dacht bei mir, jetzt kommt der Tot.
Doch ich hatte wieder Glück, und kehrte langsam bei Kempen zurück.
So habe ich vieles mit durchgemacht, mit Schmerzen bei Tag und bei Nacht.
Alle Leiden hielt ich ruhig aus und denk' einmal kommen wir doch nach Haus.
Doch nach der heimat kommen nimmer, das verdanken wir dem Himmler.
Gangelt muss ich auch noch räumen, da hiolft kein Flehen und kein Säumen.
Die Flucht ging wieder nach Holland fort, keiner weiß an welchen Ort.
Sicher wird es da wohl besser als in Brunssum mit dem Essen.
Das Essen war auch ziemlich gut, das gab uns wieder frohen Mut.
Manchen Tag gab es kein Brot, weil in Vucht and Mehl war Not.
Dafür gab es aber andere sachen, wer konnte es denn besser machen.
Wir bekamen Fleisch und auch Fisch, und waren zufrieden an unseren Tisch.
Nun kam der Pastor von Niederland und hilt uns eine Predigt von allerhand.
Wir sollten noch die Frauen liebhaben, dann würde und Gott die Gesundheit erhalten.
Er wär' vier Jahre in Gefangenschaft gewesen und habe sogar die hl. Messe gelesen.
Bei Hunger, Kälte und in der Not, habe er verlangt nach ein Stück Brot.
Er hat uns wieder frohen Mut gegeben, wir sollten führen ein frohes Leben.
Er wünschte uns auch eine baldige Heimkehr, der eine nach dort, der andere nach Wehr.
Jetzt wurde uns noch bekannt, daß man den Brunssumer Verpflegungskommandant
hat gefangengenommen, weil er uns das Essen hat abgenommen.
So verdient jeder seinen Lohn, das sagt uns ein altes Sprichwort schon.
Wer Unrecht tut hier auf erden, muß auch dafür bestraft werden.
Vorrüber ist der Monat november, jetzt haben wir schon Dezember.
Nun kommt auch bald der hl. Mann, ob er uns wohl etwas gutes bringen kann.
Eines Abends steht er vor der Tür, zu besuchen die Kinder hier.
Er verteilt auch einige Gaben, an die, die sich gebetet haben.
Jetzt kommt sicher der letzte Ritter, das ist für uns hart und bitter.
Wir müssen an der Kasse gehn, sie wollen unser Geld dort seh'n.
Wir haben auch alles abgegeben, was wir nötig hatten zum leben.
Auch eine Quittung bekamen wir, sogar auf einen Blatt Papier.
Nun wollten sie uns zur Heimat fahren, wo wir einst so glücklich waren.
Wir wollen hoffen, das wir noch finden, unsere Häuser und die Rinder.
Die Heimfahrt ist jedoch wieder verschoben, weil die V 1 kam geflogen.
Nun kommt auch noch das Christuskind, um zu sehen, ob wir noch beisammen sind.
Es sind schon manche hier gestorben, die sich früher Hab und Gut erworben.
Gott wird alles zum Besten lenken, und ihnen eine glückselige Stunde schenken.
Nun müssen die deutsch-Holländer fort, sie wissen nicht an welchen Ort.
Wir wünschen das sie dort finden, eine Heimat für sich und die Kinder.
Heut ist das Christuskind angekommen, hier auf Erden bei uns Frommen.
Es steht auch ein schöner weihnachtsbaum, in unserem stillen Barackenraum.
Jetzt erklingen Weihnachtslieder, von unseren Kindernauf die Erde nieder.
Das Fräulein verteilt dann die gaben, die andere gebastelt haben.
Oh welche Freude in den Kinderherzen, wenn auch ein baum ohne Kerzen.
Den man auf Niederlands Erde fand, und sogar dort auf dem Tische stand.
Es geht auch alles wieder vorüber, doch die zeiten sind noch trübe.
Hab und Gut haben wir verloren, aber Christus ist und heut geboren.
Heut' feiern wir das neue jahr, manchem ist hier schon ergraut das Haar.
Wir halten alle leiden aus, einige finden nicht mehr ihr eigenes Haus.
Was waren das für schöne Tage, wo man den anderen Prosit Neujahr konnt' sagen.
Doch die zeiten ändern sich, wer weiß wu unser müdes Auge bricht.
Nun kommen die Engländer zur Revision, das sagt uns der Barackenführer schon.
Sie waren mit unserer Baracke zufrieden, drum sind sie auch nicht lange bei uns geblieben.
Jetzt bricht auch noch die Ruhrkrankheit aus, einige stehen gar nicht mehr auf.
Einen Friedhof haben sie für uns gemacht, vielleicht kommt der Tod schon über Nacht.
Der Amerikaner gibt Verpflegung aus, bei der Verteilung stimmt das nicht genau.
Wo die sachen dann verschwinden, das will man bis heute noch nicht finden.
Am 16. januar hatten wir großes Essen, ich glaube, die haben sich sicher vergessen.
1 1/2 Liter Suppe bekamen wir á Person, das war unser verdienter Lohn.
Nun wurde Beschwerde eingereicht, dafür waren sie denn auch bereit.
Eine kleine nachsuppe bekamen wir nur, des abends spät um 9 Uhr.
Von jetzt ab bekommen wir keine Kohlen, einige tragen Schuhe ohne Sohlen.
Und wie lange wird es noch dauern, bis wir die Heimat können schauen.
Wir sind hier in der Baracke dreizehn, da muß ja alles schief geh'n.
Der eine will dies, der andere das, das macht den Barackenführer auch keinen Spaß.
Einigen ist der Maßlöffel zu klein, vielleicht sind sie selber nicht rein.
Darum haben wir einen größeren genommen, ob sie nun werden satt davon.
Manchen Abend haben wir kein Licht, wir sind froh wenn der Tag anbricht.
Hier herrscht sogar schon Ungeziefer, oh goldene Zeit, wann kehr'st du wieder.
Gestern feierten wir das Fest des Antonius, ein Hochamt für Teveren, welch ein Genuß.
Das Hochamt hielt der Pater von Grothenrath, wie es in Teveren immer Sitte war.
Der Kirchenchor von Teveran und von Wehr, die sangen die hl. Messe, Gott zur Ehr.
Auch den guten Wehrer Sängerinnen, müssen wir auch noch ein Lob ausbringen.
Einmal, Ich wollte Holz hereinholen, denn uns fehlten ja die Kohlen,
der Posten führte mich zur Wacht, ich brannte durch und habe ihn ausgelacht.
Der Monat Januar Geht zu Ende, darum bekamen wir erst spät die Spende.
Morgens war kein Tee mehr da, weil in der Küche kein Dampf war.
Um 7 Uhr abends gab es erst Mittagessen, vor Hunger hatten wir alles aufgegessen.
Doch als die Uhr 12 schlug leise, hatten wir doch noch alle Speise.
Hier in unserer Baracke dreizehn, da kann man viele Mängel sehn.
Die Türen stehen meistens auf, einen Schließer zu nehmen, sind wir zu faul.
Mt dem Essen wird gefehlt sehr, denn es ist da keine Ordnung mehr.
Der Barackenführer ist oft nicht dabei, ich denk, es geht nicht's für die Gemütlichkeit.
Früher ging es der Reihe nach, auch eine Liste, die war da.
Jetzt ist keine mehnr zu sehn, einige können sogar zweimal gehn.
Es sitzen auch einige am Ofen und gaffen, was andere sich zurecht machen.
Sie gönnen den anderen nicht, wenn der kartoffelschalen ißt.
Dafür müssen sie auch nun büßen, daß sie fort die Baracke verließen.
Sie sollen immer daran denken, sich von anderen nichts lassen schenken.
Seit Wochen geht hier das Gerücht, doch die zeiten ändern sich,
das wir nach hause könnten fahren, sogar in den ersten tagen.
Dieses ist aber gelogen, einer wird vom andern betrogen.
Ich glaube nach hause kommen wir eher nicht, bis Hitler verschwunden ist.
In unserer Baracke wird sogar gestohlen, solche Menschen soll die wacht holen.
Sie nehmen alles was sie brauchen, damit sie alle Tage können rauchen.
In der Küche liegen Kartoffelschalen, die sie für die Schweine haben.
Wollen die Deutschen an die Schalen geh'n, müssen sie eine Stunde an die Mauer stehn.
Hier wird auch noch der Handel gemacht, denn Uhren und Ketten werden gebracht.
Von den Deutschen an die Engländer, vertauschen Ringe ihre Hände.
Hier passieren auch noch andere Sachen, die die Herren und Damen machen,
des Nachts verkehren sie mit Engländern, sicher nicht mit reinen Händen.
Heut erleben wir den größten Schmerz, darüber trauert jedes Barackenherz.
Der Pastor von Gangelt ist hier gestorben, der hatte sich viele Freunde erworben.
Nach Vucht auf den Friedhof haben sie ihn gebracht, ein Denkmal das an seinem Grabe wacht,
auch eine Inschrift steht darauf, wann er sein Leben hauchte aus.
Am 1. April feierten wir das Osterfest, hier ist kein Hase und auch kein Nest.
Ostereier sind auch keine zu sehn, ach könnten wir doch nach Hause gehn.
Was waren das für schöne Tage, als wir noch in der Heimat waren,
wo wir die Ostereier gern aßen, mit unserer Familie zusammen saßen.
Ein Arzt aus Gangelt hat uns betrogen, weil er Typhus hat vorgeschoben,
er hat es unterschrieben mit seinem Namen, das wir nur nicht nach Hause kamen.
So eine Tat kann man nicht vergessen, wo 6000 sich nicht satt konnten essen.
Der Mensch muß verurteilt werden, für den ist kein Platz mehr auf Erden.
Was hätten wir zu Hause können schaffen, wo wir solange hier müssen warten.
Kartoffeln pflanzen, Hafer säen, und sogar die Frucht noch mähen.
Wer weiß was sie noch mit uns vorhaben, sie schicken uns da bedenkliche Gaben.
Hundert Fliegenfänger teilen sie aus, in unseren verseuchten Barackenhaus.
Zwei damen sind zu bedauern, weil sie nur auf Zigaretten lauern,
und sogar schwätzen während der fünf Wunden, das sind doch sicher keine guten Hunde.
Endlich erteilt uns Herr Rütten die Nachricht, das es mit unserer Gefangenschaft aus ist.
7 Monate haben wir hier verbracht, wer hätte das jemals von uns gedacht.
Nun lebt wohle alle Leidenskinder, wir hoffen daß wir zu Hause finden
unsere tapferen braven Krieger, und beten für unsere gefallenen Brüder.
Amen.